Aktualisierte Leitlinie zur bakteriellen Meningoenzephalitis im Erwachsenenalter veröffentlicht
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Die bakterielle Meningoenzephalitis ist noch immer eine schwerwiegende Erkrankung. Wichtig sind daher eine verlässliche Diagnosestellung und schnelle Einleitung der Therapie. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat die S2k-Leitlinie „Ambulant erworbene bakterielle Meningoenzephalitis im Erwachsenenalter“ aktualisiert und kürzlich veröffentlicht. Die Leitlinie gibt einen Überblick über die notwendigen diagnostischen Maßnahmen und aktuellen Therapieempfehlungen.
Jedes Jahr versterben nach wie vor etwa 15–20 Prozent der Patienten mit einer Pneumokokkenmeningitis. Bisher hat die Pneumokokkenimpfung noch nicht zu einem signifikanten Rückgang der Inzidenz der Pneumokokkenmeningitis bei Erwachsenen geführt, betont die DGN. Erfreulich sei hingegen, dass infolge der verfügbaren Impfungen gegen Haemophilus influenzae und Neisseria meningitidis die Inzidenz der durch diese beiden Erreger hervorgerufenen akuten bakteriellen Meningitis in den letzten 30 Jahren rückläufig ist. Auch kam es während der ersten zwei Jahre der Corona-Pandemie in Deutschland zu einem signifikanten Rückgang an Meningitisfällen, die durch Streptococcus pneumoniae hervorgerufen wurden. Auch die Anzahl an invasiven Meningokokkenerkrankungen war im Vergleich zu den Vorjahren ebenfalls signifikant reduziert, heißt es in der aktualisierten Leitlinie.
Schnelle Diagnosestellung und Einleitung der Therapie
Wichtig sind eine verlässliche Diagnosestellung und schnelle Einleitung der Therapie, betonen die Leitlinienautoren. Die antibiotische Therapie sollte daher frühestmöglich begonnen werden. „Heute wissen wir, dass mit jeder Stunde Verzögerung des Beginns der Antibiotikatherapie die Sterblichkeitsrate signifikant ansteigt“, erklärte Leitlinienautor Hans-Walter Pfister. Bei erwachsenen Patienten mit Verdacht auf eine bakterielle Meningitis (keine Bewusstseinsstörung, kein fokal-neurologisches Defizit, keine neu aufgetretenen epileptischen Anfälle, keine Immunsuppression) sollen laut Leitlinie immer Blutkulturen abgenommen werden. Unmittelbar nach der klinischen Untersuchung ist die Empfehlung die lumbale Liquorentnahme (mit simultaner Abnahme von Serum zur Bestimmung des Liquor-Serum-Glukose-Index) anzuschließen. Nach Abnahme von Blutkulturen sollen sofort Dexamethason (10 mg) und Antibiotika intravenös verabreicht werden.
Bei schwer bewusstseinsgestörten Patienten - Patienten mit fokal-neurologischem Defizit (z.B. Hemiparese) und bei Patienten mit neu aufgetretenen epileptischen Anfällen, bei denen der dringende Verdacht auf eine bakterielle Meningitis besteht, sollen schon bereits unmittelbar nach der Blutentnahme (u. a. für das Anlegen von Blutkulturen) Dexamethason und Antibiotika intravenös gegeben werden; anschließend empfiehlt die Leitlinie eine Schädel-CT (oder bei schneller Verfügbarkeit eine MRT) und – wenn der bildgebende Befund nicht dagegen spricht – eine lumbale Liquorentnahme durchzuführen.
Die empfohlene empirische antibiotische Therapie bei akuter bakterieller Meningitis besteht aus einer Kombination aus einem Cephalosporin der Gruppe 3a und Ampicillin. Bei Vorliegen einer Meningokokkenmeningitis sollte aufgrund des Auftretens von Resistenzen Penicillin G nicht ohne vorherige Resistenztestung zum Einsatz kommen, da Resistenzraten signifikant angestiegen sind (intermediäre Penicillin-Resistenz von 5,9% im Jahr 2019 auf 8,5% im Jahr 2021 gemäß Nationalem Referenzzentrum für Meningokokken), betonen die Leitlinienautoren.
Adjuvante Dexamethason-Therapie bei Listerienmeningitis umstritten
Zusätzlich kommt initial Dexamethason als adjuvante Therapie zum Einsatz, da dadurch im Falle einer Pneumokokkenmeningitis die Sterblichkeit reduziert werden kann. Bei Meningokokkenmeningitis kann eine Therapie mit Kortikosteroiden im Falle einer Hörstörung ebenso erwogen werden. Bei Listerieninfektionen legten Daten aus Frankreich nahe, dass der Einsatz von Kortikosteroiden bei Listerienmeningitis kontraindiziert sein könnte – eine neue niederländische Studie zeigte dahingegen einen Vorteil für eine Dexamethasonbehandlung bei Listerienmeningitis. Da es sich in beiden Arbeiten um keine prospektiven randomisierten Studienansätze handelte, kann aktuell keine Empfehlung zum Einsatz von Dexamethason bei Listerienmeningitis gegeben werden, heißt es in der Leitlinie.
Neu in der aktuellen Leitlinie ist auch die Empfehlung, bei septischen Sinusthrombosen oder kortikalen Venenthrombosen eine Antikoagulation mit PTT-wirksamem intravenösem Heparin durchzuführen. Eine aktuelle retrospektive Fallserie fand bei Thrombose des Sinus transversus bei Patienten mit bakterieller Meningitis kein erhöhtes Einblutungsrisiko unter Heparin, worauf ältere Daten hingedeutet hatten.
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