Adipositas: Semaglutid schützt vor der Entwicklung einer Mikro- oder Makroalbuminurie
- Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Der GLP-1-Rezeptor-Agonist Semaglutid verringert die Albuminurie bei Patienten mit Übergewicht oder Adipositas, besonders bei zusätzlichem Typ-2-Diabetes oder vorbestehenden Nierenfunktionsstörungen. Dies ergibt eine Posthoc-Analyse der prospektiv randomisierten Phase-3-Studien STEP 1-3 (Diabetes Care; https://doi.org/10.2337/dc22-1889).
Hintergrund
In Deutschland sind circa zwei Drittel der Männer (67 %) und jede zweite Frau (53 %) übergewichtig (Body Mass Index [BMI] ≥ 25 kg/m2). Jeder vierte Erwachsene (23 % der Männer, 24 % der Frauen) hat einen BMI ≥30 kg/m2 und ist damit definitionsgemäß adipös (1). Die Prävalenz von Adipositas nimmt mit dem Alter zu, so dass wegen der demografischen Entwicklung weiterhin mit einem steigenden Trend der Prävalenz zu rechnen ist. Glukagon-Like-Peptid-1-Rezeptor-Agonisten (GLP1-RA) werden in Leitlinien für die Behandlung von Adipositas und von Typ-2-Diabetes empfohlen, um das Körpergewicht und damit potenziell auch das kardiovaskuläre Risiko zu senken. Ebenfalls erforscht werden die Effekte von GLP1-RA auf die Nierenfunktion. In einer exploratorischen Analyse wurden die nephrologischen Wirkungen von Semaglutid in drei Phase-3-Studien untersucht (2).
Design
- Studienform: Posthoc-Analyse der Studien STEP1-3, randomisierte, placebokontrollierte Phase-3-Studien, in denen bei Probanden mit Übergewicht oder Adipositas die Effekte des GLP1-RA Semaglutid plus Verhaltensmodifikationen/Diät auf das Körpergewicht untersucht und mit Placebo (Verhaltensmodifikationen/Diät) verglichen wurden
- Verumbehandlung: Semaglutid 1,0 oder 2,4 mg s.c. 1 Mal/Woche
- Teilnehmerinnen und Teilnehmer: 51 % der Gesamtgruppe weiblich, Durchschnittsalter : 55,3 Jahre
- STEP 1 und 3 Erwachsene mit Übergewicht oder Adipositas,
- STEP 2 Erwachsene mit Übergewicht oder Adipositas plus Typ-2-Diabetes
- Studienlaufzeit: jeweils 68 Wochen
- Posthoc-Analyse unter dem Aspekt der Nierenfunktion mit Auswertung des Albumin-Kreatinin-Quotienten (Urine Albumin Creatinin Ratio, UACR; mg/g Krea) und der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) zu Woche 68
Hauptergebnisse
- Insgesamt wurden die Daten von 1.210 Patienten (STEP 1-3) ausgewertet. Sie waren im Verhältnis 1 : 1 : 1 auf die Gruppen Semaglutid 1,0 mg, Semaglutid 2,4 mg und Placebo verteilt.
- Der BMI lag zu Beginn bei durchschnittlich 35,7 kg/m2.
- 78-80 % der Gesamtgruppe hatten zur Baseline einen Albumin-Kreatinin-Quotienten im Normbereich (< 30 mg/g Krea), die übrigen eine Mikroalbuminurie (30 bis < 300 mg/g Krea) oder eine Makroalbuminurie (≥ 300 mg/g Krea) und jeder dritte Teilnehmer (34,2 %) eine eGFR < 90 ml/min/1,73 m2.
- Zu Woche 68 hatte sich die UACR unter Semaglutid 1,0 mg um 14,8 % verringert und unter Semaglutid 2,4 mg um 20,6 % (jeweils geometrischer Mittelwert). Unter Placebo hatte die UACR dagegen um 18,3 % zugenommen.
- Bei Studienteilnehmern mit Übergewicht/Adipositas plus Typ-2-Diabetes reduzierte sich die UACR um 30 %.
- 58,6 % des UACR-senkenden Effekts waren statistisch unabhängig von Veränderungen des HbA1c-Werts im Behandlungszeitraum.
- Der Einfluss von Semaglutid auf die UACR vs. Placebo bestand in allen analysierten Subgruppen: unabhängig von BMI, HbA1c, eGFR oder Medikationen gegen Hypertonie und Typ-2-Diabetes zu Studienbeginn.
- Die eGFR veränderte sich unter Semaglutid nicht nennenswert.
Klinische Bedeutung
Semaglutid reduziert bei Menschen mit Übergewicht oder Adipositas im Behandlungszeitraum von 68 Wochen die Albuminurie. Besteht zusätzlich zu Übergewicht oder Adipositas ein Typ-2-Diabetes, ist der Effekt auf die Albuminurie noch ausgeprägter.
Als Ursache für die nephroprotektiven Effekte von Semaglutid werden potenzielle direkte Effekte auf die Glykokalyx der Endothelien in der Niere und antiinflammatorische Wirkungen vermutet. Es könnten aber auch indirekte nephroprotektive Effekte über Gewichts- und Blutdrucksenkungen sein, so die Autorinnen und Autoren.
Sinnvoll sei nun, die Langzeiteffekte von Semaglutid auf die Nierenfunktion zu untersuchen.
GLP-1-Rezeptor-Agonisten wie Semaglutid sind – zusätzlich zu einer kalorienreduzierten Ernährung und erhöhter körperlicher Aktivität – eine neue Option zur Gewichtsabnahme bei Adipositas oder bei Übergewicht mit Komorbiditäten.
Nebenwirkungen, vor allem Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoen oder Verstopfung, treten aber vergleichsweise häufig auf und die positiven Effekte der Behandlung bleiben möglicherweise nur bei einer lebenslangen Therapie erhalten.
Finanzierung: Novo Nordisk
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