ADA empfiehlt: Alle Menschen mit Typ-2-Diabetes auf Fettlebererkrankung untersuchen
- Miriam E Tucker
- Medizinische Nachrichten
Lebererkrankungen treten bei bis zu 70 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes auf. Gleichzeitig sind sie häufig bei Menschen mit Prädiabetes und bei Menschen mit Typ-1-Diabetes, die parallel an Fettleibigkeit leiden. Bei Diabetikern ist die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) die häufigste Form der Lebererkrankung. Sie kann zu Zirrhose und Leberkrebs führen und ist mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Tod verbunden. Zu dieser Art von Lebererkrankung gehört auch die nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH).
"Die ADA hat verstanden, dass dies zu einem großen Problem für ihre Patienten geworden ist, weil NASH die Hauptursache für Zirrhose bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und die Hauptursache für Lebertransplantationen in den USA ist. Wir müssen also etwas dagegen tun", sagte Kenneth Cusi, MD, Leiter der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Stoffwechsel an der Universität von Florida in Gainesville, gegenüber Medscape. Er präsentierte eine Zusammenfassung der neuen ADA-Leitlinien auf der jährlichen wissenschaftlichen Tagung der ADA. Die neue ADA-Leitlinie wurde veröffentlicht am 24. Juni als halbjährliche Aktualisierung der ADA-Standards für die Behandlung von Diabetes – 2023 im Abschnitt "Umfassende medizinische Bewertung und Beurteilung von Komorbiditäten".
Der um eine Stellungnahme gebetene Endokrinologe Scott Isaacs, MD, aus Atlanta erklärte: "Es ist sehr gut zu sehen, dass die ADA die NAFLD... als hepatische Komplikation des Typ-2-Diabetes anerkannt und die Behandlungsstandards aktualisiert hat, so dass sie den aktuellen Wissensstand und die Erkenntnisse über diese allgegenwärtige und oft stille Krankheit widerspiegeln."
Die neue ADA-Leitlinie steht im Einklang mit den Leitlinien anderer Fachgesellschaften, darunter der American Association for the Study of Liver Diseases (AASLD), der American Gastroenterological Society und der American Association of Clinical Endocrinology (AACE). Isaacs, der den Vorsitz des AACE-Gremiums zur Erstellung der Leitlinien innehatte, führte weiter aus: "Die neue ADA-Leitlinie entspricht in ihren Grundzügen denen anderer Fachgesellschaften. Es ist großartig zu sehen, dass die großen Organisationen diese Art von Leitlinien aufeinander abstimmen."
FIB-4: Einfache Berechnung in der elektronischen Patientenakte
Die ADA empfiehlt nun ein Screening aller Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes oder Prädiabetes. Dies gilt insbesondere für Personen mit Fettleibigkeit, kardiometabolischen Risikofaktoren oder etablierten kardiovaskulären Erkrankungen - auch bei normalen Leberenzymwerten. Dazu sollte bei Menschen mit Typ-1-Diabetes, die fettleibig sind und/oder kardiovaskuläre Risikofaktoren haben, eine Untersuchung auf NAFLD stattfinden.
Das empfohlene Screening-Instrument ist der Fibrose-4-Index (FIB-4), eine Berechnung, die das Alter des Patienten, die Leberenzymwerte und die Thrombozytenzahl berücksichtigt. Ein Wert von 1,3 oder höher gilt als hohes Risiko für eine klinisch signifikante Fibrose, und ein Wert über 2,6 als sehr hohes Risiko.
Cusi erläuterte: "Der Grund, warum wir den FIB-4-Test anstelle der bisher von der ADA empfohlenen Leberenzymwerte befürworten, liegt darin, dass wir heute wissen, dass 70 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes bereits eine Steatose und etwa jeder Fünfte eine Fibrose haben. Wenn man sich jedoch auf die Leberenzymwerte stützt, werden die meisten von ihnen übersehen. Leberenzyme sind also als Screening-Instrument unwirksam".
Das FIB-4 ist "ein einfaches Instrument, das wir bereits in unseren elektronischen Gesundheitsakten (EHR) haben, aber wir nutzen es einfach nicht", merkte Cusi an.
Isaacs bestätigte: "Der FIB-4 ist ein einfacher, großartiger Screening-Test, weil er im Wesentlichen kostenlos ist." Aber er warnt vor einigen Einschränkungen. "Er ist ein guter Test, um eine fortgeschrittene Lebererkrankung auszuschließen, kann aber falsch-positive und falsch-negative Ergebnisse liefern. Die FIB-4-Grenzwerte sind bei Personen über 65 Jahren anzupassen und bei Personen unter 30 Jahren sollten sie keine Anwendung finden."
Ideale wäre es, wenn der FIB-4-Wert automatisch in der elektronischen Patientenakte oder auf dem Laborbericht berechnet würde, ähnlich wie bei der [geschätzten glomerulären Filtrationsrate] [für die Nierenfunktion]. Wenn der Wert größer als 1,3 ist, sollte ein entsprechender Hinweis erfolgen." Die ADA-Aktualisierung enthält auch Empfehlungen für die Weiterbehandlung von Patienten, bei denen der FIB-4-Wert ermittelt wurde, einschließlich der Frage, wann eine Überweisung an einen Gastroenterologen oder Hepatologen angebracht ist.
Behandlung: Änderung des Lebensstils plus GLP-1-Agonisten oder Pioglitazon
Eine Änderung des Lebensstils wird für alle Erwachsenen mit Diabetes oder Prädiabetes und NAFLD empfohlen, insbesondere für diejenigen mit Übergewicht oder Adipositas. Darüber hinaus rät die ADA jetzt dazu, einen GLP-1-Agonisten (Glucagon-like Peptide 1) mit nachgewiesenen Vorteilen bei NAFLD als Zusatztherapie zu Lebensstilmaßnahmen zur Gewichtsabnahme bei Typ-2-Diabetikern in Betracht zu ziehen. Dies gilt insbesondere bei Übergewicht/Fettleibigkeit. Und für Patienten mit einer durch Biopsie nachgewiesenen NASH oder einer klinisch signifikanten durch nicht-invasive Tests festgestellten Leberfibrose sind entweder ein GLP-1-Agonist oder Pioglitazon die "bevorzugte Behandlung".
Dennoch ist Insulin die empfohlene Behandlung für Hyperglykämie bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes, die eine dekompensierte Zirrhose haben. Isaacs kommentierte dazu: "Pioglitazon hat so viele Vorteile und nur wenige bekannte Risiken ... es ist ein zu wenig genutztes Medikament. Zudem ist es sehr preiswert. Pioglitazon sollte als Erstbehandlung für Patienten mit Typ-2-Diabetes und NAFLD in Betracht gezogen werden."
In der ADA-Aktualisierung wird auch eine Statintherapie für Menschen mit Typ-2-Diabetes und NAFLD angeraten, da diese ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko aufweisen. Für Menschen mit dekompensierter Zirrhose werden Statine jedoch nicht empfohlen, da die Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit begrenzt sind.
Cusi merkte an, dass er sich seit über zehn Jahren für ein Fettleber-Screening bei Menschen mit Typ-2-Diabetes einsetzt. "Die Ärzte haben es bereits umgesetzt. Ich träumte schon vor vielen Jahren von dem Tag, an dem wir alle Menschen mit Typ-2-Diabetes untersuchen würden, und dieser Tag ist heute gekommen."
Dieser Beitrag erschien im Original bei Medscape und wurde von Dr. Petra Kittner übersetzt.
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